Gastbeitrag Das Investment: Warum Mikrofinanzfonds unmittelbar von höheren Zinsen profitieren

Das Analysehauses Scope bescheinigte Mikrofinanzfonds kürzlich eine zwar stetige, aber magere Rendite. Dass das nicht immer stimmt – und wie Mikrokredite unmittelbar von höheren Zinsen profitieren können–, erläutert Günther Kastner, Gründer von Impact Asset Management.

Mikrofinanzfonds bieten kontinuierlich finanzielle Stabilität – auch in turbulenten Börsenzeiten. Dies bestätigte jüngst wieder eine Studie von Scope. In der Studie wurde die Performance aller in Deutschland zugelassenen Mikrofinanzfonds unter die Lupe genommen.

So konnten nahezu alle Mikrofinanzfonds seit ihrer jeweiligen Auflegung jedes Jahr an Wert zulegen oder zumindest das Vermögen wahren. Diese relativ unabhängige Entwicklung in Relation zu den Aktien- und Anleihenmärkten zeigte sich besonders drastisch 2022. In dem „schwarzen“ Börsenjahr rauschten sowohl die Aktien- als auch die als sonst als sicher geltenden Anleihenmärkte mit teils zweistelligen Verlusten in den Keller. Die zwölf in Deutschland zugelassenen Mikrofinanzfonds legten dagegen im Annus Horribilis 2022 zu.

Im Vergleich zu anderen Rentensegmenten zeichnen sich Mikrofinanzfonds außerdem durch eine geringere Volatilität aus. Dies führt zu einem für das Rentensegment mittel- und langfristig überdurchschnittlichen Rendite-Risiko-Verhältnis. Mit einer durchschnittlichen jährlichen Rendite von 1,71 Prozent in den vergangenen drei Jahren und einer Rendite von 2,40 Prozent in den vergangenen fünf Jahren ist die Performance von Mikrofinanzfonds laut Scope jedoch auch überschaubar gewesen.

Scope-Studie schaut zu wenig nach vorne

Die Scope-Studie lässt jedoch die über zehn Jahre anhaltende faktische Nullzinsära außer Acht. Trotz dieser Marktzinsentwicklung stand in der jüngeren Vergangenheit ein Plus auf der Habenseite der Mikrofinanzfonds. Jetzt, mit der vollzogenen Zinswende, ändert sich das Bild.

Der seit vergangenem Jahr stark angestiegene US-Dollar-Leitzins, der zuletzt im Mai auf eine Spanne von 5 bis 5,25 Prozent angehoben wurde, wird sich zügig weiter positiv auf die Renditeaussichten von Mikrofinanzfonds auswirken. So antizipieren wir beispielsweise für den „Vision Microfinance – Dual Return Fonds“ für 2024 eine Rendite von Euribor +2 Prozent, das heißt einen Zinskupon in einer Größenordnung von 3 bis 4 Prozent.

Tatsächlich gehört der Fonds zu den Produkten, die sehr zügig von der steil steigenden Zinskurve profitieren können. Dies liegt daran, dass es sich bei den in den Mikrofinanzfonds gebündelten Mikrokrediten um kurzlaufende und festverzinsliche Darlehen handelt. Die für die Ausgabe von Mikrokrediten verantwortlichen Mikrofinanzinstitute vor Ort erhalten laufend Tilgungen und Zinszahlungen, die sich zum Zeitpunkt der Vergabe an den Marktzinsen orientieren. Durch die jährliche Tilgung von circa 30 Prozent des Portfolios passt sich die Portfolioverzinsung durchaus rasch an steigende Marktzinsen an. So liegt die Duration bei 1,8 Jahren.

Jährlich wird rund ein Drittel der Darlehen fällig. Die freiwerdenden Gelder können zu besseren Konditionen für die Kreditgeber wieder zügig angelegt werden. So profitieren Anleger unmittelbar von den höheren Zinsen.

Weiteres Renditepotenzial im Portfolio bieten Floater, die sich laufend an die Entwicklung der Leitzinsen anpassen. Im „Vision Microfinance – Dual Return Fonds“ etwa machen Floater 20 Prozent des Portfolios aus.

Markt für Mikrofinanz wächst

Mit einer stabilen Verzinsung stellen Mikrofinanzfonds einen sinnvollen Baustein im Rahmen jeder Investmentstrategie dar. Des Weiteren ist der Markt für Mikrofinanzkredite von Wachstum geprägt. Dies gilt für die Nachfrage durch Investoren, aber auch für die Nachfrage durch Kreditnehmer und die Verfügbarkeit von Mikrokrediten.

So hat sich das verwaltete Vermögen von Mikrofinanzfonds in rund zehn Jahren verdoppelt – von 10 Milliarden auf 20,4 Milliarden US-Dollar. Der defensive Charakter und das hohe Maß an Nachhaltigkeit der Mikrofinanzfonds erfüllen auch die Must-have-Kriterien von institutionellen Investoren. Mikrofinanzfonds zählen aufgrund ihrer direkten sozialen Wirkung als Impact-Fonds und damit nach der EU-Offenlegungsordnung als Artikel-9-Fonds.

Durch die über die Mikrofinanzinstitute vergebenen Mikrofinanzkredite erhalten Millionen von Menschen, die aufgrund ihrer Armut aus dem Finanzsystem ausgeschlossen sind, aber unternehmerisch aktiv werden wollen, Zugang zu Finanzmitteln. Das stärkt die Mittelschicht in Schwellenländern und führt zu einer Stabilisierung dieser Volkswirtschaften.

Auch das Volumen der vergebenen Kredite ist in den vergangenen Jahren, abgesehen vom Corona-Jahr 2020, gewachsen. So erwies sich die Corona-Pandemie mit den damit verbundenen schwerwiegenden wirtschaftlichen Folgen als große Herausforderung für die Ärmsten der Armen. Die Mikrofinanzinstitute bekamen dies zu spüren: Sie waren mit Zahlungsaufschüben konfrontiert. Durch die Kooperation auf Augenhöhe mit den Kreditnehmern konnte diese tiefe Krise jedoch eingedämmt werden. Im Jahr 2021 konnte der Mikrofinanzmarkt stärker als erwartet um 11,6 Prozent wachsen.

Rendite steigt

Dass Mikrofinanzfonds also eine stabile, aber magere Rendite bieten, wie Scope es schreibt, kann so nicht bestätigt werden. Die kurzlaufenden Kredite ermöglichen viel mehr, dass der Zinskupon an die Marktzinsen angepasst werden kann. Bei steigenden Zinsen erhöht sich auch die Rendite der Mikrofinanzfonds.

Durch aktives Fondsmanagement lässt sich in dem Bereich ein hochwertiges und diversifiziertes Portfolio zusammenstellen, was das Anlagerisiko senkt. Die Überprüfung der Mikrofinanzinstitute (MFIs) und der finanzierten Projekte im Rahmen der Due Diligence gewährleistet, dass nur MFIs mit fairen Konditionen im Portfolio enthalten sind. So steht einer hochgradig nachhaltigen und stabilen Rendite nichts im Weg.


Über den Autor:
Günther Kastner ist Gründer und Investmentchef der Anlagegesellschaft Impact Asset Management.

Originalbeitrag bei Das Investment.

 

 

nach oben